Hans-Georg Gadamer-Gesellschaft

Wir sprechen nicht im Namen der Vernunft. Wer im Namen der Vernunft spricht, widerspricht sich selbst. Denn vernünftig ist es, die Begrenztheit der eigenen Einsicht zu wissen und eben dadurch besserer Einsicht fähig zu sein, komme sie, woher immer.

Über die Macht der Vernunft (1968),
in: Lob der Theorie, 65
Hans-Georg Gadamer in seinem Heidelberger Arbeitszimmer am 01.11.1999 (Foto: Ph. Rothe)

Aktuelles

»Hermeneutik der Individualität« – Meisterklasse mit Carsten Dutt und Bernhard Schlink

12. September 2024

Die Hans-Georg Gadamer-Gesellschaft lädt zwölf Doktorand:innen und Master-Studierende deutscher Universitäten vom 7. bis 11. Oktober 2024 ins Butenschoen-Haus, Landau, ein. Sie werden dort an einer von Carsten Dutt (TU Darmstadt) und Bernhard Schlink (HU Berlin) geleiteten Meisterklasse zum Thema »Hermeneutik der Individualität« teilnehmen.

Neben begriffsanalytischen und ideenhistorischen Absichten verfolgt die fünftägige Veranstaltung das hermeneutische Ziel geschichtlich und zeitdiagnostisch informierter Selbstverständigung: Welche deskriptiv triftigen Gehalte und welche normativ sinnvollen Orientierungsfunktionen dürfen wir dem nach wie vor vielberufenen, hie und da freilich auch der Konkurrenz von Alternativ- oder Nachfolgekonzepten ausgesetzten Begriff der Individualität unter Gegenwarts-bedingungen noch oder wieder zutrauen? Auf der Leseliste der Meisterklasse stehen einschlägige Texte von Montaigne, Rousseau, Goethe, Fichte, Hegel, Schleiermacher, Humboldt und anderer klassischer Autoren ebenso wie Exempla soziologischer und philosophischer Theoriebildung neueren Datums – von Mead, Elias und Gehlen bis Habermas, Luhmann und Reckwitz.

Die Meisterklasse findet in Kooperation mit dem Hans-Georg Gadamer-Forum für philosophische Hermeneutik der Bergischen Universität Wuppertal statt. Für die großzügige finanzielle Förderung der Veranstaltung dankt die Gadamer-Gesellschaft der Stiftung Universität Heidelberg.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Meisterklasse

Paul Busch (Universität Heidelberg), Michael Fix (Universität Heidelberg), Ninke Gebhardt (Universität Heidelberg), Bruno Glöckner (Universität zu Köln), Melina Licht (Technische Universität Darmstadt), Lucius Maltzan (Goethe-Universität Frankfurt am Main), Julian Meergans (Universität zu Köln), Timon Probsthain (Technische Universität Darmstadt), Guram Rekhviashvili (Bergische Universität Wuppertal), Fabian Staffel (Universität Heidelberg), Erika Whitney (Universität Freiburg).

Gadamer-Preis für Barbara Cassin

3. Juni 2024

Die Hans-Georg Gadamer-Gesellschaft für hermeneutische Philosophie verleiht den Gadamer-Preis des Jahres 2025 an die französische Altphilologin und Philosophin Barbara Cassin (geb. 1947).

Cassin, emeritierte Forschungsdirektorin am Pariser CNRS und seit 2018 Mitglied de Académie française, ist international vor allem als Initiatorin und Herausgeberin des monumentalen Vocabulaire européen des philosophies (2004 u.ö.) bekannt geworden, dessen Untertitel – Le dictionnaire des intraduisibles – auf Cassins philosophisches Lebensthema verweist: Mit ihren Publikationen zur Kulturfunktion des Übersetzens im Aspekt seiner fortwährenden Herausforderung durch Unübersetzbares ebenso wie mit Arbeiten zur Sprachphilosophie und vielbeachteten Studien und Editionen zur Vorsokratik, Sophistik und antiken Rhetorik (jetzt versammelt in Ce que peuvent les mots, 2022) hat Barbara Cassin einen wissenschaftlich profunden und kulturpolitisch bedeutsamen Beitrag zur Erkenntnis und Anerkenntnis der irreduziblen Vielfalt der Sprachen und der spezifisch sprachkulturellen Voraussetzungen philosophischer Begriffsbildung geleistet – ein Projekt, dessen metaphilosophische Relevanz sie selbst als »Komplizierung des Universellen« beschreibt.

Die Nähe ihres Werks zu zentralen Kategorien der philosophischen Hermeneutik Hans-Georg Gadamers – dem Dialog, der Offenheit gegenüber dem Anderen, der Verschmelzung sprachlich vermittelter Horizonte in Leistungen des Verstehens – liegt auf der Hand und gewinnt unter der Maxime einer hermeneutischen Positivierung Babels, die sich bei Cassin und Gadamer in nahezu identischen Formulierungen findet, emblematische Kraft.

Barbara Cassin wird die mit 5.000 Euro dotierte Ehrung im kommenden Februar im Rahmen eines Festakts aus Anlass des 125. Geburtstag Gadamers in der Alten Aula der Heidelberger Universität entgegennehmen.

Was heißt Verstehen? Ein Interview mit Jean Grondin

15. April 2024

Zlatko Valentic (Universität Freiburg) hat dem kanadischen Philosophen und Gadamer-Experten Jean Grondin (Université de Montréal) die Grundfrage aller hermeneutischen Reflexion gestellt: »Was heißt Verstehen?« Wie Grondins Antwort mit Blick auf Gadamer (und Seitenblicken auf Heidegger) ausgefallen ist, erfahren Sie in diesem Video: https://philosophisches-experiment.com/verstehen.

Gadamer-Stipendien 2023

13. März 2023

Die mit je 2.000 Euro dotierten Gadamer-Stipendien des Jahres 2023 erhalten Brady DeHoust (Department of Philosophy, Texas A&M University, USA) und Antoine Pageau-St-Hilaire (The John U. Nef Committee on Social Thought, University of Chicago, USA). Brady DeHoust wird ausgezeichnet für sein Projekt „Hermeneutics and Transcendence. Gadamer’s Contribution to the Philosophy of Religion“, Antoine Pageau-St-Hilaire für sein Forschungsvorhaben „Ethics without Metaphysics? Gadamer’s Aristotle Between Appropriation and Critique“.

Gadamer-Porträts von Horst Seller

11. Februar 2023

Im vergangenen Jahr hat der Heidelberger Physiologe und Maler Prof. Dr. Horst Seller eine Reihe von Porträts angefertigt, die Hans-Georg Gadamer im hohen Alter zeigen. Mit freundlicher Erlaubnis des Künstlers reproduzieren wir drei dieser eindrucksvollen Bilder, in die Erinnerungen an Begegnungen und Gespräche eingegangen sind, die der Porträtierte und der Porträtist als Mitglieder der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hatten.

Gadamer Portrait von Horst Seller 2022
Kohle und Öl auf Leinwand, 46 x 40 cm
Gadamer Portrait von Horst Seller 2022
Pastell auf Papier, 54 x 40 cm
Gadamer Portrait von Horst Seller 2022
Pastell auf Papier, 54 x 40 cm

Wissen und Verstehen in den Geisteswissenschaften heute